Evangelisches Dekanat Odenwald

Beerfelder Kirchenfenster

Ein Kleinod, abermals gerettet

Beerfelden. Wenn das große Kreuzigungsfenster in der Beerfelder Martinskirche vorübergehend fort ist, kommt ihm das zugute. Als der kunstbegeisterte Franz I. Graf zu Erbach-Erbach als Vormund des damals 17-jährigen Kirchenpatrons Albert Graf zu Erbach-Fürstenau das Fenster 1804 ausbauen ließ, um es in seine Privatkapelle zu bringen, überstand das 1503 geschaffene Kleinod auf diese Weise den verheerenden Stadtbrand von 1810, bei dem auch die Martinskirche völlig zerstört wurde. Jahre später holten es die Beerfelder - mit viel Nachdruck, um es vorsichtig zu sagen - in das neuerbaute Gotteshaus zurück. Iris Thierolf, die Kantorin der Evangelischen Kirchengemeinde Beerfelden, hat vor 15 Jahren sogar ein Musical über die Geschichte des Stadtbrands und die besondere Rolle, welche das Fenster hierbei spielte, geschrieben.

Vor einigen Monaten wurde es jedenfalls wieder ausgebaut und war bis vor wenigen Tagen fort. Diesmal aber in keiner Privatkapelle, sondern in der Glaswerkstatt Rothkegel in Würzburg. Dort ist das Fenster überarbeitet worden und nun frisch restauriert wieder zurückgekehrt an seinen angestammten Platz auf der Westseite des Langhauses der großen Kirche am Beerfelder Marktplatz.

"Ohne Dr. Walter Wasserbäch und seine große Unterstützung wäre diese Maßnahme nicht denkbar", sagte Pfarrer Roger Frohmuth bei einem Ortstermin am wiedereingebauten Fenster. Gut 70.000 Euro spendete der Beerfelder, der schon viele Baumaßnahmen - vor allem in der Oberzent, aber auch in der Region - großzügig unterstützt oder wie etwa das Rotary-Hospiz in Erbach überhaupt erst ermöglicht hat. "Im Namen der Kirchengemeinde sage ich von ganzem Herzen danke", so Pfarrer Frohmuth weiter, "Du hast mit Deiner Großzügigkeit ganz viele Menschen wirklich glücklich gemacht". Ein namenloser Stifter hatte Anfang des 16. Jahrhunderts der Kirchengemeinde das Fenster geschenkt, 1503 ist es eingebaut worden - "und heute, 522 Jahre später, hat wieder ein Stifter den Fortbestand des Fensters ermöglicht. So schließt sich ein Kreis", freute sich der Pfarrer.

Tatsächlich schwebte das Fenster, welches in einer besonderen Holzrahmenkonstruktion eingebaut ist, in Gefahr, es wäre fast aus dem Rahmen gefallen. Zum Glück bemerkten die Mitglieder des Bauausschusses der Kirchengemeinde dies noch rechtzeitig. Der Dank Frohmuths galt darum auch ganz besonders dem Einsatz Dr. Kathrin Rödigers, der Vorsitzenden des Bauausschusses. Ende letzten Jahres wurde das Fenster zur Fachfirma Rothkegel nach Würzburg gebracht. "Dort haben wir die einzelnen Bildelemente komplett ausgebaut", das Fenster also quasi in seine Einzelteile zerlegt, erläuterte Restauratorin Lisa Thomet bei dem Ortstermin. Zusammen mit ihrem Kollegen, dem Glaser und Spengler Stephan Heinrich, baute sie bis vor wenigen Tagen das Fenster in der Kirche wieder ein. Die Einzelteile waren in der Werkstatt gereinigt, Sprünge geklebt und das Kunstwerk als Ganzes restauriert worden. Neue Schutzgläser bewahren es fortan vor Witterungseinflüssen und Kondensat. Und ein neuer Holzrahmen verleiht Stabilität.

Mit den im Zuge der Baumaßnahme anfallenden Arbeiten wurden mit Ausnahme der Würzburger Fachfirma ausschließlich Firmen aus der Region betraut. Die Oberbauleitung lag bei der ortsansässigen Architektin Stefanie Holschuh-Rundel, die schon etliche Baumaßnahmen an kirchlichen Gebäuden - neben der Martinskirche etwa auch an der evangelischen Kirche in Gammelsbach - betreut hat. Die Fachbauleitung hatte Claudia Schumacher vom Büro Dr. Rauch in Koblenz übernommen.

An Pfingstsonntag, 8. Juni, findet der feierliche Gottesdienst zur erfolgreichen Fenster-Restaurierung statt; Beginn ist um 10 Uhr.

 

Bernhard Bergmann
2.6.2025


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