Evangelisches Dekanat Odenwald

Kirche Gammelsbach

Mit 60 Jahren noch ziemlich jung

Gammelsbach. Bei der Anfahrt ist es auf den Odenwälder Straßen am Sonntagvormittag noch ruhig. In Gammelsbach ändert sich das Bild. An der Straße wartet eine Frau mit Kuchenform, ein Auto hält an, nimmt sie mit. In der Ortsmitte scheint plötzlich mindestens das halbe Dorf auf den Beinen zu sein. Das Straßenschild 'Festbetrieb' auf Höhe der Kirche liefert die Erklärung: Hier wird heute gefeiert. '60 Jahre Kirche Gammelsbach' heißt der Anlass, und die weithin hörbare Stimme Pfarrer Roger Frohmuths, der die Gäste am oberen Treppenende persönlich begrüßt, würde auch die einladende Glocke ersetzen.

Dass der mit sechs Jahrzehnten vergleichsweise junge und nach wie vor modern wirkende Kirchenraum voll besetzt war - Tische waren gestellt, um anschließend feiern zu können -, nahm der Pfarrer als Beweis dafür, "was uns diese Kirche bedeutet". Ein ganzes Leben finde in diesem Haus Beheimatung "vor Gottes Angesicht", erinnerte er: Taufe, Konfirmation, Trauung - und auch die Trauer um Verstorbene brächten die Menschen hierher. "Das habe ich auch noch nicht erlebt, dass die Sakristei wegen Überfüllung geschlossen werden musste", scherzte Pfarrer Frohmuth, gestalteten doch gleich vier Männer im Talar den Gottesdienst gemeinsam: mit ihm zusammen sein Beerfelder Amtskollege Roland Bahre, außerdem Marcel Albert, der aus Gammelsbach stammt und mittlerweile Pfarrer in Birkenau (Kreis Bergstraße) ist; sowie Vikar Leo Barocka, der nach dem Studium gerade seine praktische Ausbildung fürs Pfarramt begonnen hat.

Am 20. September 1964 war die Kirche ihrer Bestimmung übergeben worden. "Viele Menschen hatten damals beim Bau selbst mit Hand angelegt", erinnerte Pfarrer Albert. In einer Dialogpredigt gingen die Geistlichen auf das Symbol des Baumes ein - genauer eines noch kleinen Lindenbaums, der auch mit am Altar stand und nun einen Platz an der Kirche finden wird. Die Wurzeln eines Baumes zeigten symbolisch, "dass die Kirche ein Ort ist, an dem wir Wurzeln schlagen können", verdeutlichte Marcel Albert. Aufrecht und aufrichtig sei der Stamm, führte Pfarrer Frohmuth die Gedanken weiter: "Für meinen Glauben stehe ich." Und wie der Baum in die Höhe wachse, "so brauchen auch wir den Himmel, brauchen Gott". Die Krone, die Früchte schließlich nahm Roland Bahre in den Blick. "Früchte sehe ich auch heute hier", sagte er angesichts der vollbesetzten Kirche. Leo Barocka schloss die Predigt mit einem Gebet.

Heidelinde Schönfeldt verlas noch einmal einen Text, den ihr Vater Ernst Muth 1994 zur Feier des dreißigjährigen Bestehens der Kirche vorgelesen hatte: Darin geht es um die Vorgeschichte und die Erbauung des neuen Gotteshauses in dem Beerfelder Stadtteil. Der 1964 hier tätige Pfarrer war der legendäre Georg Neff.

Solch ein festlicher Anlass ist stets auch passender Rahmen für Ehrungen - und ebenso Gedenken. So erinnerte Pfarrer Frohmuth an den Anfang dieses Jahres unerwartet verstorbenen Küster Andreas Obenauer. Auch wenn der Mensch niemals zu ersetzen ist - Obenauers engagierte Arbeit führte das 'Kirchenteam' fort; hier benannte Frohmuth speziell Heidrun Buchert-Axmann und Cornelia Fink und würdigte deren Einsatz, "der so viel mehr ist als Ehrenamt; ich verneige mich vor Euch und danke Euch im Namen der Kirchengemeinde". Zum 1. Oktober wird den Küsterdienst Hans Christian Scheuermann übernehmen, den der Pfarrer offiziell willkommen hieß und für seinen Dienst segnete. Musikalisch gestaltete den Gottesdienst Katja Plößer an der Orgel, und sie dirigierte auch den Liederkranz Gammelsbach, der mehrere Gesangsstücke beitrug.

Für das Fest nach dem Gottesdienst hatten die 'Martinsmänner' - die Männerkochgruppe der Kirchengemeinde, die mit ihrem Namen der Martinskirche Reverenz erweist - die Verköstigung übernommen. Für Musik sorgten der Evangelische Posaunenchor Beerfelden und der Liederkranz.
Musik hatte bereits am Vorabend das Fest eingeleitet: Unter dem Titel 'Rhythm of Life - ein Abend, so bunt wie das Leben' spielten Marcel Albert und Freunde Hits aus Rock, Pop, Schlager und Musicals.

 

Bernhard Bergmann
24.9.2024


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