Erbach. 25 Jahre Notfallseelsorge und Krisenintervention Odenwaldkreis: Mit einer Feier im katholischen Gemeindezentrum St. Sophia in Erbach beging die Einrichtung ihr Jubiläum. Für die Leitung begrüßte Ulrike Klose vonseiten des Deutschen Roten Kreuzes Kreisverband Odenwaldkreis (DRK) die Festgäste. Nach Sektempfang und Grußworten bekamen Dorothee Hartmann und Anja Sauer für fünf Jahre aktiven Dienst im Team Urkunden. Posthum geehrt wurde für ihr "beispielhaftes und unermüdliches" Engagement Bärbel Roßner, die 1999 vonseiten des DRK zu den Gründungsmitgliedern der Krisenintervention gehört hatte.
Musikalisch bereicherte das Gitarren-Duo der Schwestern Lana und Tea Karapandza die Feier.
Im Mittelpunkt des Nachmittags stand ein Vortrag von Klinikseelsorgerin Sabine Färber-Awischus (Foto) zum Thema 'Schuld'. Ihr Mitreferent Dr. Max Ludwig, Chefarzt des Zentrums für Seelische Gesundheit in Erbach, hatte krankheitsbedingt absagen müssen.
"Schuld und Schuldigwerden gehören zum Menschsein dazu", verdeutlichte Pfarrerin Färber-Awischus. Der sprichwörtliche Sündenbock, der stellvertretend-symbolisch Schuld trage, sei ebensowenig geeignet, Schuld zu tilgen, also zu vergeben, wie das 'In-die-Schuhe-Schieben' bei einem anderen.
Im Vaterunser-Gebet werde deutlich, "dass Vergebung ein zweiseitiger Prozess ist": "Vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unseren Schuldigern." Die Beichte, sich 'etwas von der Seele zu reden', nehme bereits einen Teil der emotionalen Last.
Logischer und damit sprachlicher Unsinn ist die übliche und verbreitete Redewendung: "Ich entschuldige mich...". Man kann sich nicht selbst entschuldigen; Entschuldigung und Vergebung können nur gewährt werden - oder eben nicht. Man kann also nur um Entschuldigung oder, religiös: Vergebung - bitten.
Den Bogen zur Notfallseelsorge schlug die Krankenhauspfarrerin, die auch selbst längere Zeit als Notfallseelsorgerin gearbeitet hat, als sie auf eine häufige konkrete Einsatzsituation zu sprechen kam: Oft lägen bei der Betreuung Hinterbliebener massive Schuldgefühle im Raum - vor allem nach Suiziden, aber auch generell: das Gefühl, dem plötzlich verstorbenen Menschen etwas schuldig geblieben zu sein, was nun nicht mehr geändert werden kann. "Schuldgefühle können Bindungszusammenhänge herstellen, über den Tod hinaus", und im schlimmsten Fall könnten sie neurotisch und damit krankhaft (und behandlungsbedürftig) werden. Eine große Entlastung, ja Befreiung könne es verschaffen, wenn es einem Menschen gelinge, seinen Groll und den Bedarf nach Vergeltung aufzugeben - eine besondere Form der Ent-schuldigung.
Mit Kaffee und Kuchen und einer ökumenischen Feier in der Kirche St. Sophia klang das Fest aus.
Bernhard Bergmann
16.9.2024
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