Evangelisches Dekanat Odenwald

Pfarrerin Renate Köbler: Dienstende und Abschied

Thema für den Koffer: Ruhestand

Bad König/Erbach. Seit mehreren Wochen schon räumt Pfarrerin Renate Köbler Schränke, Schreibtisch und Regale in ihrem Büro im Dekanat in Bad König auf, sichtet das Archiv, sortiert aus, heftet ab. Diese schier nicht enden wollende Tätigkeit zeigt anschaulich, welch umfassende Arbeit die 64-Jährige in den vergangenen zwei Jahrzehnten im Evangelischen Dekanat Odenwald (bis 2007 'Dekanat Erbach') geleistet hat. Sie hatte nicht nur eine Pfarrstelle, sondern gleich zwei - freilich mit je halbem Stellenumfang: Bildung und Ökumene.
Begonnen hat sie 2004 mit dem Bereich Bildung. "Sehr wichtig war mir der Kontakt mit Ehrenamtlichen", resümiert sie; sie bei ihrer Arbeit zu unterstützen, Schulungen und Fortbildungen zu organisieren, etwa für die Seniorenarbeit oder für das Dekanatsfrauenteam, speziell beim Weltgebetstag. Während die Referentin manche Angebote - etwa für die gemeindlichen Besuchsdienste - auf Dekanatsebene organisierte und dazu einlud, so war sie auch mit Freude in den seinerzeit 25 Dekanatskirchengemeinden zwischen Wald-Amorbach und Neckarsteinach unterwegs. Gerne packte sie in entsprechenden Jubiläums- und Gedenkjahren einen thematischen Koffer, beispielsweise zu Wilhelm Busch, Elisabeth von Thüringen, Dietrich Bonhoeffer oder Martin Luther. Dem Koffer entnahm sie dann vor Ort Materialien, Wissen, Musik "und immer auch einen Gottesdienst", je nachdem, was konkret gebraucht und gewünscht wurde.
Zum Bereich Bildung gehörten auch Reisen, die sie anbot, so nach Jordanien, Israel und in den Libanon, ebenso Tagesausflüge nach Worpswede, auf den Spuren der Brüder Grimm, der Hugenotten und Waldenser oder Philipp Melanchthons. Zu nennen ist außerdem die Teilnahme an Hochzeitsmessen, bei denen sie einen Stand aufschlug, gerne auch an ungewöhnlichem Ort wie etwa in einem Möbelhaus. Dem Thema Hochzeit und Ehe galt zudem über Jahre hinweg eine Trau-Werkstatt unter dem griffigen Titel 'Ja'; mit dabei war hier immer ihr Ehemann, der Erbacher Gemeindepfarrer Dr. Thomas Hoerschelmann, der nun ebenfalls in den Ruhestand geht.

Dem Thema Liebe widmete sie sich auch in den jeweils am 14. Februar stattfindenden Valentinsgottesdiensten. Auch den gegenteiligen Anlass blendete sie nicht aus und gestaltete Gottesdienste für Geschiedene. Bei solchen Angeboten war sie bereits ökumenisch unterwegs, sie fanden zusammen mit dem damaligen katholischen Dekan Leonard Heckmann statt. Und mit ihrem katholischen Bildungs-Kollegen Dr. Frank Meessen initiierte sie Literatur-Reihen, Kirchenbegehungen, Erwachsenen-Taufunterricht und Glaubenskurse.

Als eigener Bereich mit einer weiteren halben Stelle dazu kam die Ökumene dann vor rund neun Jahren. Den Rat der Religionen im Odenwald begründete sie mit; die geknüpften Kontakte pflegte sie sorgfältig, zum Beispiel bei der Interkulturellen Woche jährlich im September - immer mit dem Ziel, "dass nachbarschaftliches Miteinander gelingen kann": zu Muslimen, Aleviten, Juden, Buddhisten sowie zu anderen christlichen Konfessionen, beispielsweise - das religiöse Leben im Odenwald ist bunt. Besonders in Erinnerung bleiben wird ihr eine christlich-muslimische Trauung, bei der sie mitwirkte. Ein dreimonatiger Studienurlaub in Beirut (Libanon) ermöglichte ihr 2016 eine intensive Beschäftigung mit dem Islam. Von dort zurückgekehrt, begleitete die Pfarrerin vonseiten der evangelischen Kirche die Initiative 'Wissen macht stark', zur Unterstützung Ehrenamtlicher in der Flüchtlingsarbeit. Auch ein halbes Jahr engagierter Arbeit mit ukrainischen Geflüchteten, die im Kloster Höchst eine Bleibe gefunden hatten, zählt zu ihren Tätigkeiten in diesem Bereich.

Nicht vergessen werden sollte ihre Mitwirkung bei der Vorbereitung von sechs Dekanatskirchentagen, die Begleitung von Prädikanten- und Lektorenkursen gemeinsam mit ihrem Mann und in jüngster Zeit eine längere Vakanzvertretung als Gemeindepfarrerin in Breuberg.
Aus Breuberg-Neustadt stammt die 1959 Geborene auch, und hier wird das Ehepaar nun wieder hinziehen. Bevor sie 2003 in den Odenwald zurückkehrte, hatte sie in Frankfurt, Berkeley (USA) und Marburg evangelische Theologie studiert und dann als Gemeindepfarrerin in der Frankfurter Nordweststadt und zuletzt in Egelsbach gearbeitet.

Nachdem sie nun in ihrem Büro alles Material aussortiert und zugeordnet hat, packt sie noch einmal einen ihrer Koffer, diesmal für den eigenen Bedarf - und darin ist nur ein Thema, aus gegebenem Anlass: Ruhestand.
Verabschiedet wird Pfarrerin Renate Köbler im Rahmen eines Gottesdienstes, der am Sonntag, 30. Juni, um 10 Uhr in der Erbacher Stadtkirche im Städtel beginnt.

 

Bernhard Bergmann
21.6.2024


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