Evangelisches Dekanat Odenwald

Pfarrer Dr. Thomas Hoerschelmann geht in den Ruhestand

Auf zum Nachtisch

Erbach. Fröhliches, markantes Lachen dringt an diesem Morgen aus der geöffneten Haustür - eines der Merkmale des Erbacher Pfarrers Dr. Thomas Hoerschelmann, der nun in den Ruhestand verabschiedet wird. Seit 2003 hatte er in der Kreisstadt die Pfarrstelle Süd inne. Hoerschelmann lacht gerne, er hat eine gute Portion Humor und den manchmal notwendigen Blick auf das Leben, der nicht alles zu ernst nimmt. Freilich, das ist nur die eine Seite. Sitzt man ihm bei einem guten Gespräch über Gott und die Welt - da hat er als Pfarrer naturgemäß einiges beizutragen - gegenüber, nimmt man indessen auch die andere Seite wahr, die nachdenkliche, manchmal auch kritische.

Als Fußballbegeisterter unterscheidet Pfarrer Hoerschelmann auch beim Rückblick auf seine Berufsjahre in Erbach in Heim- und Auswärtsspiele. Heimspiele, das waren für ihn unter anderem Geburtstagsbesuche, Gottesdienste, Taufen und geschätzte über 600 Trauerfeiern; ferner auch Besprechungen, Konferenzen und der Kirchenvorstandsvorsitz. Mit über 20 Jahren auf seiner Stelle kam auch eine gewisse Kontinuität in die evangelische Kirchengemeinde der Kreisstadt, wo es vor allem in den Jahren davor einige Personalwechsel innerhalb kurzer Zeit gegeben hatte.
Die Seelsorge habe sich mit den Jahren deutlich verändert, resümiert er: "Früher war man als Pfarrer der religiöse Spezialist bei Themen wie Krankheit, Sterben, Tod und Lebenskrisen"; damit kämen Menschen heute offensichtlich gut alleine zurecht. In den vergangenen Jahren hingegen sei er häufig als Ratgeber und Vertrauensperson angefragt worden, wenn es um Tabuthemen ging.

Mit den Auswärtsspielen meint der Pfarrer nicht nur das, was räumlich über Erbach hinausreicht, sondern auch das, was den engeren Bezirk verlässt: Schon früh sah er, dass beispielsweise Jugendliche nicht so gerne ins Gemeindehaus gehen, für manche stellte die Türschwelle zugleich eine Art Hemmschwelle dar. Also mietete die Kirchengemeinde ein ehemaliges Ladengeschäft in der Bahnstraße an, Konfirmanden und konfirmierte Jugendliche richteten es als ihr zweites Zuhause her, und das 'Chill-out' fungierte als Jugendtreff. Später wurde es zugunsten des Bären aufgegeben, eines ehemaligen Traditionsgasthauses genau gegenüber der Stadtkirche im Städtel. Hier kamen alle zusammen: Jugendliche, Arbeitssuchende, Theatermacher, Kulturinteressierte und auch die Kerngemeinde, die gegenüber aus der Kirchentür hinaus- und gleich hier wieder eintrat, zum Kirchenkaffee oder zum Beisammensein und Predigtnachgespräch. Es gab Speisungen für Obdachlose, Treffen junger Eltern und, 'einfach mal so': Gesprächskreise. - "Davon habe auch ich gezehrt", sagt der scheidende Pfarrer, für den Kirche auch an solchen Orten Gestalt gewinnt, vielleicht sogar in besonders lebendiger Form.
Auswärtsspiele waren auch die insgesamt 23 Segelfreizeiten, zumeist in Holland - mal mit Konfirmanden oder älteren Jugendlichen, aber auch mit Erwachsenen und Jugendlichen gemeinsam.
Und dann gab es auch Trauungen von Erbacher Gemeindegliedern auswärts, welche ihm im Gedächtnis bleiben, so etwa in Slowenien, Luxemburg oder in der Toskana. Hier gefragt zu sein und dabei sein zu dürfen, "das ist ein Ritterschlag". Auch Prädikanten- und Lektorenkurse sowie Religionsunterricht in der Grundschule und Ethikunterricht in der Krankenpflegeschule gehörten für Hoerschelmann zu den Auswärtsspielen.

Die Entscheidung für Erbach fiel einst der Legende nach schon etliche Jahre bevor er hier anfing, bei einer Motorradtour durch den Odenwald. "Hier will ich mal Pfarrer werden", habe der 1958 in Bad Vilbel geborene und im Norden Frankfurts aufgewachsene Hoerschelmann damals zu seiner Freundin und späteren Ehefrau Renate Köbler, einer Odenwälderin, gesagt. 2003 kamen sie dann tatsächlich hierher, aber nicht nur zu zweit, sondern mit ihren Kindern Max und Julia; so zog eine ganze Familie ins Pfarrhaus an der Neckarstraße ein.

Beim Theaterspielen im Rahmen des Erbach-Michelstädter Theatersommers mimte Hoerschelmann den Don Camillo - das wird es nicht allzu oft geben, dass der Geistliche auf der Bühne auch im echten Leben einer ist. Dem Theaterspiel will er auch im Ruhestand treu bleiben, außerdem dem Gänsgretelverein Gi-Gack, zu dem hinzugewählt worden zu sein für ihn ein zweiter Ritterschlag war, wie er sagt. Mit seiner Frau, der Dekanatsbildungs- und Ökumenepfarrerin Renate Köbler, die mit ihm zusammen in den Ruhestand verabschiedet wird, zieht Hoerschelmann nach Breuberg.

Für den Ruhestand hat er sich auch vorgenommen, zwei Jahre kirchlich vollkommen abstinent zu leben: keine Vertretungen, keine Gottesdienste. Danach werde man weitersehen.

"Wenn nach einer Veranstaltung im Bären alle satt und zufrieden waren, gab es eine Pause. Dann folgte der Nachtisch." Und genau so stellt sich der Pfarrer seinen Ruhestand vor. "Die Arbeit ist geschafft."

Verabschiedet wird Dr. Thomas Hoerschelmann im Rahmen eines Gottesdienstes, der am Sonntag, 30. Juni, um 10 Uhr in der Evangelischen Stadtkirche der Kreisstadt beginnt.

 

Bernhard Bergmann
20.6.2024


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